Das sind gute Nachrichten: Nicht nur die Swiss, Google und Huawei wollen hierzulande Tausende neue Jobs schaffen. Schweizweit überraschen derzeit Firmen mit grossen Job-Ausbauplänen – gemäss Umfrage rund 5000 neue Stellen. Viele Firmen bauen zudem im Geheimen aus.
Auf sie konnte der Arbeitsmarkt stets setzen. Grosse Arbeitgeber, verlässliche Stellenschaffer wie Migros, Coop, Post, SBB, Swisscom, Novartis und Roche. Nicht so in diesem Jahr. Obwohl die populären Arbeitgeber auch derzeit offene Stellen haben, bauen sie 2019 unter dem Strich Personal ab. Oder sie halten es maximal knapp stabil, wie BLICK-Anfragen ergeben.
Dies kontrastiert mit dem regelrechten Jobwunder, das wir gerade in diesen Monaten auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erleben. Internationale Hightechfirmen aus der Informatik- und Kommunikationsbranche, sogenannte ICT-Firmen, wählen die Schweiz, um Hunderte von Arbeitsplätzen zu schaffen. Ein Trumpf: die Nähe zu den ETH-Hochschulen und Universitäten.
Amerikaner sowie Chinesen richten gross an
Zu den grossen Jobmachern gehören natürlich auch die heimische Maschinen-, Pharma- und Chemieindustrie. Insgesamt kündigten Grossunternehmen dieses Jahr an, dass sie schweizweit gegen 5000 Jobs schaffen wollen, wie Recherchen von BLICK bestätigen. Tausende weitere Jobs entstehen bei kleineren Firmen, die ihre Pläne nicht gross in die Welt hinausposaunen.
Ein weiterer Beweis für unseren attraktiven Arbeitsmarkt: Nicht nur die Amerikaner setzen auf Schweizer Know-how, sondern mit dem Telekomriesen Huawei auch die Chinesen. Und die schaffen gleich Hunderte Jobs. Huawei-Schweiz-Vize-Chef Felix Kamer (54) im Mai: «Dieses Jahr kamen 30 neue Arbeitsplätze dazu, wir planen einen stetigen Ausbau.» Insgesamt plant man in der Schweiz 1000 neue Forschungsjobs.
Gross richtet Google hierzulande an: Auf die 4000 Jobs in Zürich, die die letzten 15 Jahre entstanden sind, sollen weitere 1000 folgen. Das gab der Suchmaschinen-Gigant erst vor ein paar Tagen bekannt. Ebenfalls in Zürich will der Internetriese Facebook sein Personal auf 160 Angestellte verdoppeln.
Viele offene Stellen
Ein weiterer IT-Riese, die indische Infosys, will in Baden AG ein Kompetenzzentrum für Energie aufbauen. Dies auch in Büros, die durch den Abbau bei General Electric frei wurden. Geplant ist der Ausbau um 50 neue Jobs.
Nicht nur in der IT- und Technologie-Branche schiessen neue Arbeitsplätze wie Pilze aus dem Boden. Auch die Pharmaindustrie baut fleissig aus, obwohl bei den Basler Schwergewichten Novartis und Roche Abbaurunden laufen.
Eine regelrechte Jobmaschine ist zum Beispiel CSL Behring. Das Pharmaunternehmen gehört zur australischen CSL-Gruppe und hat die letzten Monate in Bern bereits 200 neue Jobs geschaffen. Weitere 100 Stellen in Bern und Lengnau BE sind zu besetzen.
Fachkräfte händeringend gesucht! So heisst es bei Unternehmen der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. «Die Firmen des Branchenverbands Swissmem haben aktuell 3255 offene Stellen», konkretisiert Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann.
Jobschöpfer machten zuerst Angst
Auffällig: Der grösste Teil des Jobwunders geht einerseits auf Investitionen in Forschung und Entwicklung zurück. Andererseits braucht es für marktreife Produkte grössere Produktionskapazitäten. Dadurch wiederum entstehen neue Arbeitsplätze.
So stellt Unternehmer Dieter Meier (74) vom Pop-Duo Yello eine neue Schoggi-Fabrik für seine Schokoladenserie Oro de Cacao in einer ehemaligen Grossmetzgerei in Freienbach SZ auf. Vorgesehen sind vorerst 100, später bis zu 300 neue Arbeitsplätze.
Laut Arbeitsmarktexperte Michael Siegenthaler (35) von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) sind die neu geplanten Stellen breit über alle Branchen verteilt. Eine der Ausnahmen sei der Schweizer Detailhandel, der unter hohen Kosten und der Auslandskonkurrenz leidet.
«Trotz Angst, dass neue Technologien zu Arbeitslosigkeit führen, haben sich gerade die Hightech-Firmen der Maschinen-, Pharma-, Chemie-, Medizinal-, ICT- und Uhrenbranche die letzten Jahre als grosse Jobschöpfer erwiesen», führt Siegenthaler aus. Das gehe nun munter so weiter. Zum anhaltenden Jobwachstum trügen zudem die Dienstleistungsbranche, das Gesundheits- und das Sozialwesen bei.
Anziehungskraft neuer Grossüberbauungen
Doch wo in der Schweiz entstehen die neuen Stellen? Beliebte Ausbaustandorte sind neue Grossüberbauungen mit Büros, Shops, Wohnraum, Hotels und Restaurants, wie sie derzeit in den Agglomerationen grosser Städte entstehen. So bringt Adidas sein Zentrum für globale Handelsaktivitäten im neuen Business Village Lucerne bei Root LU unter. Bis Mitte nächsten Jahres sollen 100 Stellen entstehen.
Der Life-Science-Konzern Lonza wiederum wird in einem Neubau im Stücki Park bei Basel 8000 Quadratmeter hinzumieten, wo bis zu 250 Arbeitsplätze entstehen. Für dieses Jahr hat Lonza im Wallis 190 neue Jobs angekündigt, für 2020 weitere 200 Stellen. Das Jobwunder findet auch in den Regionen statt.
Manche Jobankündigungen freuen besonders, wenn es eine Vorgeschichte mit Jobverlusten gibt. Achtzehn Jahre nach dem Swissair-Grounding gab die Swiss im September einen Grossausbau bekannt. 700 neue Angestellte werden gesucht, 300 neue Stellen geschaffen. Und das alles soll in den nächsten sechs Monaten über die Bühne gehen!
Der Arbeitsmarkt als brummendes Perpetuum mobile
Die Schweiz hat quasi Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote verharrt auf historisch tiefen 2,1 Prozent. Jobs verschwinden, aber es entstehen netto mehr neue Arbeitsplätze.
Per Ende Juni 2019 lag die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz bei 5,099 Millionen. Das sind 53’000 respektive 1,1 Prozent mehr Erwerbstätige als ein Jahr zuvor, wie das Bundesamt für Statistik schreibt.
Damit ist das Wachstum der Erwerbstätigen deutlich stärker als jenes der Bevölkerung, das sich letztes Jahr auf 0,7 Prozent abschwächte.