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ABB verliert Fonds wegen Sudan

Sudanesisches Dorf Taxi. Foto: Abhijhay

Der US-Staat Illinois hat als Erster seine Pensionskassen-Investitionen in Firmen, die im Sudan tätig sind, zurückgezogen. ABB zeigt sich besorgt über die erste Grossdevestition.

Claudia Laubscher

«Illinois hat als erster US-Staat seine Investition in ABB rückgängig gemacht», sagt ABB-Sprecher Wolfram Eberhardt auf Anfrage der «Handelszeitung». Illinois ist einer von sechs US-Staaten, die in diesem Jahr Gesetze erlassen haben, um ihren staatlichen Pensionskassenfonds die Beteiligung an im Sudan tätigen Firmen zu verbieten. Argumentiert wird, Staatsgelder dürften nicht investiert werden, um das Regime Sudans und dessen Genozid – eine Bezeichnung, die auch US-Präsident George Bush für Sudan verwendet – zu unterstützen.

ABBs Sudan-Manager klären auf

Der Technologiekonzern, der im Sudan in der Stromversorgung und -übertragung tätig ist und letztes Jahr damit 20 Mio Dollar umsetzte, nimmt die Gesetzeswelle in den USA sehr ernst. «Wir haben die US-Fondsmanager aktiv über unsere Tätigkeit im Sudan informiert», sagt Eberhardt. ABB habe Mitarbeiter aus Sudan in die betroffenen US-Staaten gesandt, um die Fonds zu informieren.

ABB ist eine von über 130 börsenkotierten Firmen weltweit, welche sich noch nicht aus dem Sudan zurückgezogen haben. Weitere prominente Vertreter sind Siemens, Alcatel, Total, Royal Dutch Shell, Pepsico, Procter & Gamble, Sinopec, PetroChina und 3M. Ihre Präsenz in dem kriegsumworrenen afrikanischen Staat rechtfertigen sie meist damit, dass sie zur Entwicklung des Sudan beitrügen.

Ein Sanktionserlass der US-Regierung von 1997 verbietet amerikanischen Unternehmen zwar, mit Sudan Geschäfte zu tätigen allerdings gelten die Sanktionen nicht für Holding-Gesellschaften ausserhalb der USA. Der Schatzkanzler von Kalifornien, Phil Angelides, sagte nach der Einführung der dortigen Devestitions-Bill letzten Sommer: «Wenn der US-Staat Unternehmen in den USA verbietet, im Sudan zu geschäften, wieso sollten dann die kalifornischen Pensionskassenfonds in Firmen investieren, die im Sudan Geschäfte machen?»

Vonseiten ABB ist ein Rückzug aus dem Sudan jederzeit möglich. Eberhardt: «Wir überprüfen ständig, ob wir unsere Arbeit im Sudan fortführen sollen.» Bislang hätten Diplomaten und Nichtregierungsorganisationen vor Ort ABB stets darin bestärkt, sich nicht aus den laufenden Projekten zurückzuziehen. «Dennoch nehmen wir die Anmerkungen und laufenden Diskussionen sehr ernst», führt Eberhardt aus.

Über die Höhe der Investorenverluste konnte er keine Angaben machen. Zu den Dimensionen: Die 15 grössten Pensionskassen von Illinois allein verfügen über eine Kapitalanlage von 119 Mrd Dollar.

Zweites Südafrika?

Konsequenzen gezogen hat inzwischen die kanadische Talisman Energy. Nach dem Ausstieg von US-Aktionären beendete der Konzern seine Sudan-Aktivitäten.

Gegenüber der Zeitung «USA Today» und dem Magazin «Forbes» machten die Pensionskassenmanager deutlich, dass sie Sudan für den nächsten Exitfall halten nach Südafrika in den 80er Jahren und Burma vor sechs Jahren.


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