In Luzern, Zug, Schwyz, Nidwalden und Appenzell Innerrhoden gings gestern los – die ersten Covid-Impfungen in Kontinentaleuropa.
Die Schweiz hat gestern einen grossen Tag im Kampf gegen Corona erlebt: Eine 90-jährige Bewohnerin eines Altersheims in der Luzerner Landschaft hat sich am Morgen als Erste hierzulande und überhaupt auf dem europäischen Festland gegen Covid-19 impfen lassen. Der Impfstart kommt als unerwartetes Weihnachtsgeschenk – erhielt der Impfstoff von Biontech/Pfizer doch erst vergangenen Samstag die Zulassung für die Schweiz.
Doch dann verlief der hochkomplexe Logistikprozess im Eiltempo. Laut dem Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf (CVP) trafen die ersten 500 Impfdosen am Vorabend in Luzern ein. Einen grossen öffentlichen Auftritt und Blitzlichtgewitter wie bei der weltweit Erstgeimpften Margaret Keenan (91) aus Grossbritannien wollte er der Luzerner Seniorin nicht zumuten. Einzig ein Fotograf der nationalen Nachrichtenagentur Keystone-SDA erhielt Zutritt. Auch den Namen der Schweizer Impfpionierin vor dem beruhigend blauen Fischaquarium halten die Luzerner diskret schweizerisch zurück.
Mobile Impfequipen
Gesetzt hat den Nadelstich ein Mitarbeiter der mobilen Impfequipen, die seit gestern Alters- und Pflegeheime in Luzern besuchen. Gleichzeitig rückten auch in den Kantonen Zug und Schwyz mobile Impftruppen aus. Im Alters- und Pflegeheim Obigrueh in Schübelbach SZ liess sich der 89-jährige Peter Kannenberg mit stolzer Brust impfen. «Ich habe volles Vertrauen in die Arbeit von Swissmedic», teilte er gemäss einer Mitteilung der Schwyzer Regierung mit. Es sei wichtig, dass sich alle möglichst rasch impfen liessen. «Nur so wird es möglich sein, dass wir in absehbarer Zeit wieder ein normales Leben führen können», betont Rentner Kannenberg.
Zu den aufgeschlossenen Ersten, die im Alters- und Pflegeheim Obigrueh in Schübelbach den Arm hinhielten, zählen auch Paula Gisler und Hilda Schnyder. Prioritär impfen die Kantone besonders gefährdete Personen, also ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen. Die Mitarbeitenden der Pflegeheime werden in Schwyz und Luzern bei Interesse gleich mitgeimpft.
Gross angelegte Impfaktionen in Impfzentren folgen auch in den schnellen Innerschweizer Kantonen erst nächstes Jahr. Im ersten Schritt haben die Kantone nur wenige Tausend Dosen erhalten. Für den Kanton Schwyz waren es 1950 Dosen. Die Schwyzer Kantonsapothekerin Regula Willi-Hangartner musste deshalb innert Kürze entscheiden, wer für die Impfung geeignet ist, und wer nicht.
Die meisten Kantone starten am 4. Januar
Auch im Kanton Appenzell Innerrhoden konnten die ersten Bewohner von Alters- und Pflegeheimen den Arm für die Corona-Impfung hinhalten. Der Kanton startete im kleinen Rahmen mit ersten Tests. Zackig vorwärts geht es auch in anderen Kantonen. Basel, das Wallis und Genf wollen am 28. Dezember starten. Die Mehrheit der Kantone, darunter Zürich, bereitet sich auf den Impfbeginn am 4. Januar vor.
Der Armee auf dem Landweg angeliefert hat Biontech/Pfizer die erste Ladung von 107 000 Impfdosen am Dienstag. Der Impfstoff wird zentral bei minus 70 Grad gelagert, bevor er an die Kantone verteilt wird.
Im Januar erhält die Schweiz von Biontech/Pfizer zwei weitere Ladungen von insgesamt 250 000 Impfdosen. Insgesamt hat die Schweiz drei Millionen Dosen von Biontech/Pfizer, 7,5 Millionen von Moderna und 5,3 Millionen von AstraZeneca bestellt. In der EU startet Deutschland am 26. Dezember als erstes Land mit der Impfung.
Um einen guten Schutz zu erreichen, muss der Impfstoff zwei Mal im Abstand von drei Wochen gespritzt werden. Erst eine Woche darauf hat der Körper genügend Abwehrstoffe gegen das Virus aufgebaut.
Nachlässig werden dürfen die Geimpften aber nicht, die Massnahmen müssen weiter eingehalten werden. Beim Impfstoff von Biontech/Pfizer ist nicht klar, ob er auch vor Übertragungen von Corona schützt. Bis die breite Bevölkerung an der Reihe ist, dürfte es Frühling werden.