SonntagsZeitung,

Die WM in Brasilien ist ganz und gar das Bier eines Schweizers

Foto: CC, Rodrigo Menezes

Der Milliardär Jorge Lemann hält eine Mehrheit an der weltgrössten Brauerei Anheuser-Busch. Deren Budweiser ist das offizielle WM-Bier
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Claudia Gnehm

Zürich Ein Sieger der Fussball-­WM in Brasilien steht schon fest: Der Brasilien-Schweizer Jorge ­Lemann, 74, wird mit dem Durst der Fans und den sprudelnden Verkäufen von Fifa-Grosssponsorin Budweiser Kasse machen. Als ehemaliger Tennisprofi und begnadeter Investor trinkt er zwar lieber Wasser als Bier. Dennoch hält er über die Invest­mentfirma 3G Capital eine Mehrheit am weltgrössten Brauerei­konzern Anheuser-Busch InBev, zu dem die Marke Budweiser gehört.

Budweiser ist bereits zum achten Mal einer der wichtigen acht WM-Sponsoren. Darunter befinden sich auch McDonald’s und Johnson & Johnson. Sie lassen sich ihren WM-Auftritt während vier Wochen insgesamt 500 Millionen Dollar kosten. Das zahlt sich nicht für alle gleichermassen aus.

Gemäss dem internationalen Marketingkonzern Analytic Partners wird sich die Sponsoringinvestition für Budweiser besonders lohnen. Adidas dürfte es hingegen schwerer haben, seine Lizenz zu Geld zu machen. Sicher nicht darben wird die Fifa. Ihr werden total 4 Milliarden Dollar Umsatz durch Sponsoring, TV-Lizenzen und weitere Einnahmen prog­nostiziert – 10 Prozent mehr als an der WM in Südafrika 2010.

Die Bedingungen für Budweiser sind optimal: Die leichte Biermarke aus den USA hat sich an allen WM-Veranstaltungsorten die Ausschankrechte ge­sichert. Das Alkoholverbot um die zwölf WM-Stadien wird die brasilianische ­Regierung vorübergehend auf­heben. Regelrecht sprudeln werden die Gewinne auch, weil die Fifa-Partner gemäss dem World-Cup-Gesetz keine Steuern abgeben müssen.

Ein weiterer positiver Faktor ist nicht zu unterschätzen. Viele Konsumenten stehen nicht auf US-Bier. Es gilt als verwässert. Dank der WM-Exklusivität bleibt vielen internationalen Fans aber nichts anderes übrig, als das US-Bier zu trinken. Dass Anheuser-Busch Inbev mit dem Sponsoring seine eigenen Lokalmarken Brahma, Antarctica oder Skol, die 70 Prozent Marktanteil haben, ­direkt konkurrenziert, ist nicht zu erwarten. An der WM wird schlicht mehr Bier verkauft.

Das Surfen an der Copacabana machte ihn selbstsicher

Lemann ist der drittreichste Schweizer und der reichste Brasilianer. Sein geschätztes Vermögen beträgt 20 Milliarden Franken.Lemann lebt seit 1999 zurückgezogen am Zürichsee. Sein Vater war ein Käsehändler aus dem ­Emmental, der in Brasilien Kakao anpflanzte. Jorge kam in Rio de Janeiro auf die Welt. Als Teenager surfte er auf den Wellen an der Copaca­bana. In die Schweiz kam der Investor, der im gleichen Atemzug mit Warren Buffett genannt wird, erst, nachdem drei seiner Kinder in Brasilien auf dem Schulweg von Gangstern über­fallen worden waren.

Eigentlich wollte Lemann Tennisspieler werden; er schaffte es sogar nach Wimbledon und zweimal an den Davis-Cup. Doch als er realisierte, dass er nie unter den Top 10 sein würde, ging er nach Harvard, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren.

Zu Beginn der 60er-Jahre arbeitete er für die Credit-Suisse-­Vorgängerin. Das Investoren- ­respektive Raiderfieber packte ihn, als er mit Freunden 1971 die Banco Garantia gründete, die in Brasilien bald als coolster Arbeitgeber für junge Männer galt und Brasiliens grösste Investmentbank wurde. Nach Verlusten verkauften Lemann und seine Kollegen Garantia im Jahr 1998 an die Credit Suisse First Boston. Mit den Erlösen gründeten sie die Investmentfirma 3G Capital und kauften eine Mehrheit am brasi­lianischen Brauereiunternehmen AmBev, das sie 2004 zusammen mit der belgischen Interbrew zu InBev fusionierten.

Das Geschäft mit Gärprodukten liegt ihm offenbar im Blut. 2008 vollzog er den Zusammenschluss mit Anheuser-Busch. Er ist sehr sparsam. Seit er bei Anheuser im Boot ist, gibt es für die Angestellten kein Gratisbier mehr.

Jedes fünfte Bier, das heute auf der Welt getrunken wird, stammt aus seinen Brauereien. Lemann kaufte auch eine Mehrheit an Burger King und zusammen mit Warren Buffett eine Grossbeteiligung am US-Ketchup-Konzern Heinz. Fastfood mag der Asket jedoch so wenig wie Bier.

Von sich reden machte Lemann die letzten Jahre vor allem mit seiner Stiftung. Sie richtete Anfang Jahr an der Hochschule St. Gallen einen Lemann-Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht ein.

Schülern in São Paulo sagte er letztes Jahr, in den entscheidenden Momenten seines Lebens habe er jeweils daran gedacht, wie er auf einer Dreimeterwelle an der Copacabana surfte; er habe nicht an die Dinge gedacht, die er in Harvard lernte. «Das Wellen­reiten gab mir eine grosse Selbstsicherheit, wenn es um das Eingehen von Risiken ging.»


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